Gestahlfedert: 91 Lustballons: Steinhöfel strikes back
Von einem, der auszog, die Frösche im Sumpf in Panik zu versetzen

Ich gebe unumwunden zu, ein beinharter Fan des Medienanwalts Joachim Nikolaus Steinhöfel zu sein. Ja, fast schon ein Groupie, denn wenn ich erfahre, dass er irgendwo in meiner Nähe einen seiner grandiosen Auftritte vor Gericht hinlegt, sitze ich mit einer imaginären XXXL-Tüte Popcorn im Publikum. Ich lese alles, was ich über ihn in die Finger kriege, und seine Interviews in diversen Youtube-Formaten inhaliere ich förmlich. Immer wieder fordere ich sogar wegweisende Gerichtsurteile, die er erwirkt hat, bei den Gerichten an, die diese nicht eh online stellen, und die Lektüre ist reinster Porno. Seinen Bestseller „Die digitale Bevormundung“ habe ich gleich zweimal gekauft – ein Exemplar für mich, eins für meinen Anwalt, der selbstverständlich auch ein Fan ist. Ich liebe Steinhöfels schnoddrige Hamburger Art und seinen beißenden Sarkasmus, und wenn andere mitunter kritisieren, er käme manchmal etwas zu eitel, arrogant und selbstverliebt rüber (was er witzigerweise sogar von sich selbst behauptet und auch noch zelebriert), kann ich genau davon gar nicht genug kriegen, denn es ist Teil des Gesamtkunstwerks. Er hat es sich redlich verdient, denn er leistet großartige Arbeit und zieht eine hammergeile Show ab – das sind exakt die zwei Dinge, die mich maximal beeindrucken können.
Daher sehe ich es auch nicht als Angeberei an, wenn er bei jeder Gelegenheit betont, dass er im letzten Jahr sechzehn Prozesse gegen die Bundesrepublik Deutschland geführt und allesamt gewonnen hat – ganz im Gegenteil, ich kann das gar nicht oft genug hören, das ist die himmlischste Musik für meine libertären Ohren! Ich halte es sogar für essentiell wichtig, dass er das so oft erzählt, bis es jeder im Land gehört hat, damit alle verstehen, dass man sich nicht nur gegen den Staat wehren sollte, sondern damit sogar erfolgreich sein kann – zumindest derzeit noch. Und gerade weil kein Mensch wissen kann, wie lange das noch so sein wird, wenn die Entwicklung so weitergeht wie momentan, sollte man das exzessiv ausnutzen, solange es noch geht.
Hier soll es nun um Steinhöfels neuesten Coup gehen: Erinnert sich noch jemand an die „551 Fragen“? Ja, da war doch was…
Als vor ein paar Wochen die üblichen Staatstittensauger von „Demokratie leben“ Regierungsaufmärsche gegen die Opposition veranstalteten, so wie man das bisher nur aus totalitären Shitholes wie der Sowjetunion und der DDR kannte, war versehentlich nicht nur – wie sonst immer – die AfD betroffen, sondern auch die CDU, weil Friedrich Merz mal wieder rechts geblinkt hatte, diesmal jedoch ohne früh genug scharf links abzubiegen. Es gab sogar Angriffe auf Parteibüros der Einknicker-Union. Da wurde er dann so sauer, wie es nur ein Sauerländer zu werden vermag, und haute als „kleine Anfrage an die Bundesregierung“ mal eben 551 Fragen raus zur Finanzierung diverser „NGOs“ und deren einseitiger Ausrichtung, also gegen die CDU. Denn steuerbegünstigte oder gar -finanzierte „gemeinnützige“ Organisationen müssen politisch neutral sein und dürfen sich allerhöchstens gegen Extremismus richten, aber keine erkennbaren Vorfeldorganisationen einer Partei sein. Was sie aber allesamt sind, und zwar ausschließlich solche von SPD, SED und den Grünen. Falls jemand eine „NGO“ kennt, die der FDP, der Union oder gar der AfD nahesteht und sich trotzdem üppig aus dem Geldfluss für die „Zivilgesellschaft“ nährt, bitte ich um Mitteilung – ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
Diese Anfrage wurde am 21. Februar formuliert, zwei Tage vor der Bundestagswahl, und am Tag nach der Wahl dem noch amtierenden zwanzigsten Deutschen Bundestag als Drucksache 20/15035 aktenkundig. Kurz darauf wurde die Aktion öffentlich und löste heftige Reaktionen aus: Diejenigen, die für die großzügige Vergabe von Steuermitteln an die in der Anfrage aufgeführten Organisationen zuständig sind, sowie insbesondere die Empfänger und andere Nutznießer dieses monströsen Umverteilungsapparats (nicht selten auch als „Selbstbedienungsladen“ bezeichnet) hyperventilierten kollektiv und halluzinierten unisono mit den Staats- und Systemmedien einen Vernichtungsschlag gegen die „Zivilgesellschaft“ (ein Euphemismus für linke Lobby-Vereine und Propagandaschleudern) herbei. So konnte man die getroffenen Hunde wunderbar identifizieren:
Der Geschäftsführer der „Amadeu Antonio Stiftung“, Timo Reinfrank, bezeichnete die Anfrage als „durchschaubaren Einschüchterungsversuch“, der darauf abziele, Organisationen zu diskreditieren, die sich gegen rechtsextreme Tendenzen positionieren.
„Bund“-Vorsitzender Olaf Bandt äußerte Entsetzen über die Anfrage und betonte, dass sie als einschüchternd wahrgenommen werde. Er wies auf die langjährige Kooperation mit der Union hin und kritisierte die Infragestellung der Arbeit von Umweltverbänden.
Der Naturschutzbund „Nabu“ fürchtete, dass die Anfrage den Eindruck vermittle, NGOs müssten mit finanziellen Einbußen rechnen, wenn sie Kritik an der Union üben. Dies sei „inakzeptabel“ und Ausdruck eines pauschalen Misstrauens gegenüber der Zivilgesellschaft.
Anja Piel aus dem Vorstand des „Deutschen Gewerkschaftsbunds“ (DGB) kritisierte, die Union stelle die Arbeit von Organisationen infrage, die sich klar gegen einen „Rechtsruck“ positionierten. Sie warf der Union vor, zivilgesellschaftliche Akteure einzuschüchtern, um künftige Kritik zu erschweren.
„Campact“-Chef Felix Kolb kritisierte die Anfrage als „schlechten Stil“ und „unnötige Scharfmacherei“. (Die Scharfmacherei von „Campact“ hingegen ist dringend nötig!)
„Correctiv“-Chefredakteurin Anette Dowideit zeigte sich verwundert, dass „Correctiv“ in die Anfrage einbezogen wurde, da ihre Recherchen ausschließlich durch Spenden finanziert seien, und kritisierte, dass die Union AfD-Narrative bediene. (Peinlich nur, wenn bereits ein kurzer Blick auf deren Website das „AfD-Narrativ“ bestätigt.)
„Netzwerk Recherche“-Vorsitzender Daniel Drepper nannte es eine „gefährliche Entwicklung“, dass die Union die Gemeinnützigkeit journalistischer Organisationen infrage stelle, und betonte die Bedeutung unabhängigen Journalismus. (Weil „Journalismus“ ja so wunderbar „unabhängig“ ist, wenn er überlebensnotwendig auf das Wohlwollen der jeweils amtierenden Regierung angewiesen ist – das kann man sich echt nicht mehr ausdenken!)
Vertreterinnen des Vereins „Omas gegen Rechts“ äußerten Überraschung und Empörung, da sie nicht mit einer derartigen Aufmerksamkeit gerechnet hatten. Sie sahen die Anfrage als Versuch, ihre Arbeit gegen Rechtsextremismus zu delegitimieren. (Weil „rumkreischen, bis die Dritten rausfliegen“ auch „Arbeit“ ist!)
Am 4. März wurde auf dem Web-Portal „Verfassungsblog“ ein „offener Brief“ ins Netz gestellt, in dem sich „Wissenschaftler“ massiv über die 551 Fragen echauffierten. Bis dato haben 2.342 Personen unterzeichnet, mit vollem Namen und meistens Nennung der Schule, Universität, Forschungseinrichtung oder Organisation, für die sie „arbeiten“. Hier habe ich mich ausnahmsweise mal einer KI bedient und mit Hilfe von „Grok“ sämtliche Unterzeichner dahingehend überprüft, wie viele davon in der freien Privatwirtschaft tätig oder zumindest nicht mit staatlichen Institutionen verbunden sind. Sie werden wahrscheinlich genauso wenig überrascht sein wie ich, dass das Ergebnis dieser Recherche eine glatte Null war. Um ein weiteres Vorurteil bestätigt zu kriegen, ließ ich die Liste auf Mathematiker, Informatiker und Ingenieure abklopfen – mit demselben Ergebnis: Nichts, nada, rien, nothing. Immerhin einmal Biologe, einmal Physiker und einmal Chemiker. Wir haben es hier also eher mit Geschwätzwissenschaftlern zu tun, wobei die meisten der Unterzeichner allerdings Juristen sind, was zum einen daran liegt, dass der „Verfassungsblog“ vornehmlich Juristen adressiert, und zum anderen natürlich auch daran, dass sich nicht wenige Juristen vom Staat, seiner Macht und seinen Pfründen magisch angezogen fühlen. Unter Juristen gibt es halt solche und solche: Von den fünfzehn Teilnehmern der Wannsee-Konferenz waren acht Juristen, also die Mehrheit. Überall dort, wo jedweder Form von Tyrannei ein rechtsstaatlicher Anstrich verpasst werden soll, findet sich mindestens ein willfähriger Jurist. Und dann gibt es auch wieder gradlinige, coole Juristen, so wie den, dem dieser Artikel gewidmet ist.
Wobei der Vollständigkeit halber nicht unerwähnt bleiben soll, dass ich auch „Jura-Götter“ neben Steinhöfel habe: Da wäre der Feingeist Carlos A. Gebauer zu nennen, ebenso wie der brillante Verfassungsrechtler Dr. habil. Ulrich Vosgerau, an deren Lippen ich ebenfalls klebe. Gleiches gilt für den Kölner Medienanwalt Professor Dr. Ralf Höcker, bei dem ich zudem persönlich „befangen“ bin, da wir uns seit rund 30 Jahren kennen. Dann gibt es den Regensburger Rechtsanwalt Dr. Christian Stahl, der sich mit Social-Media-Prozessen nicht minder verdient gemacht hat als Steinhöfel und sogar die wegweisende BGH-Entscheidung gegen Facebook vom 31.07.2021 erwirkte, die ein echter „Game Changer“ war. Insbesondere natürlich meine zwei Anwälte, die auch enge persönliche Freunde sind und dafür gesorgt haben, dass ich mich bisher immer weitgehend unfallfrei und – was viele verwundern (oder auch ärgern dürfte) – immer noch ohne Vorstrafe durch die Klippen unseres Rechtsstaats bewegt habe.
Doch nun zurück zum Thema „551 Fragen“:
Nichtsdestotrotz erfolgte am 12. März eine Antwort der Bundesregierung. Diese kann man wie folgt zusammenfassen: Viel Blablabla, wie wichtig es für „unsere Demokratie“ sei, die „Zivilgesellschaft“ mit ausreichenden Mitteln zu unterstützen, und dass dabei natürlich alles mit rechten Dingen zugehe. Wie viel Geld konkret an welche NGO gehe, wisse man leider nicht. Auch allen anderen Fragen, die ans „Eingemachte“ gingen, wich man gekonnt aus, verwies auf Länderzuständigkeiten, Datenschutz oder einen angeblich unverhältnismäßigen Rechercheaufwand. Summa summarum ist diese Antwort eine Unverschämtheit, ja, fast schon eine Beleidigung des Intellekts der Fragesteller und aller interessierten Leser, daher hätte es hier jede Menge Anknüpfungspunkte gegeben, um ordentlich nachzulegen und auf Antworten zu insistieren, notfalls mithilfe der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Doch dazu kam es nicht, denn die harscheste und wohl auch folgenreichste Reaktion auf die Anfrage der Union erfolgte durch SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil: Er nannte die Aktion ein „Foulspiel“, sah darin einen Angriff auf die „Zivilgesellschaft“ und drohte, die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zu „hinterfragen“, falls diese an der Anfrage festhalte.
Das Ergebnis kennen wir alle: Friedrich Merz ist endlich Bundeskanzler und regiert zusammen mit der SPD nach einem strammen SPD-Programm. Der linke NGO-Sumpf wird weiterhin großzügig mit Steuerkohle zugeschissen, vermutlich gegen das interne Versprechen, nicht mehr gegen die CDU, sondern wieder nur noch gegen die AfD vorzugehen, so dass Merz bezüglich der 551 Fragen „den Olaf gemacht“ hat.
An der Stelle wäre diese kleine Polit-Posse in zwei Akten eigentlich zu Ende, doch nun überrascht sie mit einem unerwarteten dritten Akt, eingeleitet durch den Auftritt eines „deus ex machina“ in der Person des gleichermaßen prominenten wie gefürchteten Medienanwalts:
Im Auftrag des Nachrichtenportals „Nius“ stellte Steinhöfel der neuen Bundesregierung gleich an ihrem ersten Amtstag die bisher unbeantwortet gebliebenen oder unzulänglich beantworteten Fragen aus dem alten Katalog der Union noch einmal, „jedoch in Teilen sprachlich überarbeitet, um gezielter auf Auskünfte zu tatsächlichen Vorgängen abzuzielen“, wie das Portal berichtete. Steinhöfel dazu: „Das völlig richtige Anliegen der Union, mit ihren 551 Fragen Licht in das Dunkel der dubiosen und undemokratischen NGO-Finanzierung zu bringen, wurde Opfer von politischem Opportunismus und des Einknickens von Friedrich Merz vor Lars Klingbeil. Aber die Öffentlichkeit verdient Antworten auf diese Fragen.“
Insgesamt sieht sich die frisch amtierende Bundesregierung nun mit 91 lästigen Fragen konfrontiert, die zu beantworten sie gesetzlich verpflichtet ist. Und sollte sie dieser Verpflichtung zu zögerlich oder nur unzureichend oder gar überhaupt nicht nachkommen, wird sie gleich zu Beginn ihres Wirkens auf die harte Tour lernen, wie es sich anfühlt, einen Terrier am Bein zu haben, der sich festgebissen hat und Optionen wie „lockerlassen“, „einknicken“ oder „aufgeben“ gar nicht im Repertoire hat. Ich freue mich schon diebisch auf den Ausgang der Geschichte, wie bei einem klassischen Western: Am Ende wird der Anwalt, der einen Eilantrag schneller raushaut als sein Schatten, als Sieger in den Sonnenuntergang reiten.
Quellen:
Joachim Nikolaus Steinhöfel – Die digitale Bevormundung (Amazon)
Drucksache 20/15035 vom 24.02.2025 – Die 551 Fragen der CDU/CSU zu NGOs (Deutscher Bundestag)
Offener Brief anlässlich der Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zur politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen („Verfassungsblog“)
Drucksache 20/15101 vom 12.03.2025 – Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (Deutscher Bundestag)
Im Auftrag von NIUS: Rechtsanwalt Steinhöfel stellt 91 Fragen zum NGO-Komplex an die Bundesregierung (Nius)
Die NGO-Fragen sind raus – Hier die Übersicht (Rechtsanwalt Steinhöfel)
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